von Pater Tilmann Beller, aus “Unterwegs zum Du”
Das ist der Unterschied zwischen dem Menschen und dem Tier: Ein Mensch kann – auch wenn er halb verhungert ist – sein Brot mit einem anderen teilen. Das kann ein Hund nicht. Das Verhalten eines Tieres ist durch den Instinkt reguliert, durch die strenge Verbindung von Wahrnehmung und Reaktion. Diese Instinktregulierung tierischen Verhaltens kann durch Dressur verändert werden, aber die Koppelung von Wahrnehmung und Verhalten bleibt. Das ist beim Menschen anders. Ein Mensch kann um eines höheren Zieles willen verzichten, oder eine große Aufgabe auf sich nehmen. Ein Mensch, der es gewohnt ist, eigenes zurückzustellen und für Größeres zu leben, als seine eigenen Wünsche ihm nahe legen, ist „mehr“ Mensch. Das merkt man ihm auch an. Ein Mensch, der nur seinen Trieben folgt, der ist als Mensch ärmer. Das Sterben für eine Sache ist nicht nur Angelegenheit der christlichen Märtyrer, sondern eine typische Sache des Menschen. Man braucht nicht den Geist des Märtyrers, um sein Leben für einen anderen Menschen einzusetzen.
Wer nicht in der Lage ist, eigene Wünsche, Pläne und Ideen für einen anderen zu opfern, dessen Menschsein ist noch nicht voll entfaltet. Dies gilt noch mehr, wenn es um den Plan Gottes in unserem Leben geht. Dass die Pläne Gottes mit uns in aller Regel größer sind als das, was unsere eigene Vorstellung uns nahelegt, hindert uns also nicht daran, auf den Plan Gottes einzugehen. Im Gegenteil: Wer um einer größeren Sache willen auf eigene Wünsche verzichten kann, gewinnt dadurch menschliche Größe und Attraktivität.
Freilich wohnt dem ganzen eine ernste Frage inne: Wer in seinem Leben nie tiefgehend die Erfahrung von Liebe gemacht hat, der neigt dazu, um Liebe und Zuwendung zu bekommen, ständig eigene Wünsche zurückzustellen. Das ist dann nicht der Geist des Märtyrers, sondern Folge seelischer Unterernährung, die wir heute sehr oft finden. Darum ist es für uns in jedem Fall auch wichtig, ein Leben der Freude zu leben. Das heißt schlicht und einfach, uns immer wieder etwas zu gönnen, was uns gut tut. Gott will, dass es uns gut geht und dass wir tun, was uns gut tut.
Zum Schluss stellen wir uns die Frage: Wie kann ich mich also für den Plan Gottes öffnen? Die Antwort wird uns überraschen, aber sie ist richtig: Ich glaube Gott, dass er mich liebt. Dann bin ich nicht mehr der Stolze und Große. Dann steige ich vom Thron und lasse mich beschenken. Dann hat Gott die Möglichkeit, mir seinen Plan nahezubringen. Und ich glaube Ihm – und dass Er mich liebt.
Hier ist eines der größten Probleme starker Persönlichkeiten, die alles für Gott tun wollen: Sie wollen alles für Gott geben: ihre Kraft, ihre Zeit, ihre Ideen…. Auch sie dürfen Gott glauben, dass Er sie liebt. Und sie dürfen Gott die Freude machen, dass Er sie tragen darf.
Zum Buch: https://www.kathtreff.org/blog/wegweiser-fur-singles/
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