von Pater Tilmann Beller, aus “Unterwegs zum Du”
Wie soll ich mit meinen Verletzungen und Schwächen umgehen? Das sind zwei Fragen. Wann sind wir mit uns selbst im Reinen? Die andere Frage heißt: Was hat das mit einer Beziehung zu tun?
Kein Mensch wäre mit sich im Reinen, wenn es bedeuten würde, dass er keine Fehler, Schwächen und seelischen Brüche in sich haben dürfte. Denn solches bringt die Erbsünde mit sich. Im Reinen sind wir, wenn wir mit dem, was in uns ist, vertraut sind. Wenn es uns nicht stört, sondern von uns angenommen und auch geliebt wird, weil es uns näher zu Gott führt.
Ich habe also Aggressionen gegen irgendeinen Typ von Mensch, weil meine Eltern solches in mir verursacht haben. Dann kämpfe ich mich lange und wieder und wieder hinein in die Angst in mir, und am Ende bringt mich die Angst zu meinem Gott, und Er sagt zu mir, wenn mich die Angst erfassen will: „Komm!“
Vielleicht wurde ich als Kind von einer Hand zur anderen herumgereicht und habe deswegen Schwierigkeiten, treu zu sein. Vielleicht wurde ich abgelehnt und habe nun kein rechtes Verhältnis zu mir selber. Was immer es auch war, ich habe gelernt, meinen verkehrten Neigungen ins Gesicht zu schauen und mich so anzunehmen, wie ich bin, um dann, letzten Endes, diese Schwächen in Gott zu bergen. Dann bin ich im Reinen, auch wenn ich ziemlich durcheinander bin. Aber im Reinen ist man nie ganz: Auch eine bewältigte Schwäche ist immer gegenwärtig.
Kann man nun mit solch einer „bewältigten Schwäche“, also seelisch defekt heiraten? Man kann, wenn einen eine solche bewältigte Schwäche barmherzig gemacht hat mit den Schwächen der anderen. Ich schaue den anderen dann an und sage: „Dem geht es so wie mir!“
Wir sagen das nicht nur im Stillen, sondern wir nehmen einander an, so wie wir sind. Da darf kein Ton von Selbstmitleid drin sein, wie „Sieh doch, wie arm ich bin. Hab Erbarmen mit mir“. Unter gar keinen Umständen darf es zu Vorwürfen oder Arroganz dem Partner gegenüber führen, wenn man also zum Beispiel sagen würde „Jetzt spricht aus dir wieder deine unbarmherzige Mutter.“
Wir erlauben uns nicht, Schwäche als Rechtfertigung für Schwäche zu verwenden. Der Säufer sagt nicht: „Ich habe halt zu wenig Liebe erlebt.“ Und der Taktlose sagt nicht: „Ich bin eben so —und kompensiere dadurch die negativen Erlebnisse mit meiner Mutter.“ Wir gebrauchen diese Dinge nicht zur Entschuldigung, aber auch nicht als Vorwurf. Wir nehmen uns an, uns selber und den Partner. Dieses Annehmen bedeutet Arbeit —aber es ist möglich.
Zum Buch: https://www.kathtreff.org/blog/wegweiser-fur-singles/
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