“HERR, stelle eine Wache vor meinen Mund, behüte das Tor meiner Lippen!” (Psalm 141,3)
Wenn wir nicht gerade in Isolation oder Quarantäne leben, erleben wir eine – wie es einige Denker bereits genannt haben – Diktatur des Lärms.
Im 19. Jhdt. schrieb die französische Karmelitin Schwester Marie‐Aimée de Jésus (die übrigens mehrere Jahre lang mit Thérèse von Lisieux zusammenlebte!) ein ganzes Buch über die Stille. Damit wir lernen können in der Stille unseres Herzens zu leben und in eine Einheit mit Gott einzutreten. Früher nannte man das innere Sammlung. Vielleicht liegt in den Ausgangsbeschränkungen die Chance, diese Stille zu finden?
Für die Freunde von kathTreff fassen wir hier die wesentlichen Punkte von Schwester Marie‐Aimée de Jésus zusammen:
Das innerliche Leben kann man auch so nennen: S-T-I-L-L-E. Denn nur in der Stille und im Gebet des Geistes entsteht neues Leben. Eine Seele, die die Stille nicht mehr liebt, hat die Liebe zum Ewigen Ziel verloren.
Die Stille ist die einzige Brücke in die innere Vereinigung mit der geistlichen Welt. Wer immer in diese Intimität eintreten möchte, muss die 12 Stufen der Stille in die Tiefe der Seele hinabsteigen:
- Wenig mit Geschöpfen, aber viel mit GOTT sprechen.
- Ich muss Stille wahren, während ich meinen Alltag lebe.
Im Alltag, in Zunge, Aug und Ohr muss ich an der Stille festhalten. Das bereitet die Seele vor, damit sie in GOTT eintauchen kann. - Mit dieser Stille bin ich schon tiefer eingedrungen und bin dabei mich von weiteren Störquellen zu befreien – den FANTASIEN. Es ist wichtig, die unkontrollierten und unbestellten Bewegungen der Emotionen und bedeutungslose aber laute Eindrücke der Welt zur Stille und in Balance zu bringen.
- Im nächsten Schritt blicken wir auf etwas, das die Asketen der Geschichte am höchsten priesen: die Stille der ERINNERUNG. Je selbstzentrierter, je emotionaler ich bin, desto mehr muss ich daran arbeiten. Je mehr ich in Erinnerungen lebe, desto wichtiger ist dies für mich. Die Vergangenheit muss still werden. Sonst wird sich die Seele nie selbst finden.
- Die Stille der GESCHÖPFE: Jene Seelen, die sich selbst genau beobachten, werden erleben, dass sie im Inneren mit unterschiedlichen Geschöpfen im Dialog sind. Die Seele muss sich davor zurückziehen in die Tiefe ihres Heiligtums, in dem die sonst unzugängliche Majestät des Allerheiligsten lebt.
- Lass Dein HERZ still werden.
Was verstehen wir unter „Herz“? Wenn die Sinne rasten, wenn die Erinnerung still wird, dann gibt es immer noch etwas, das still werden muss. Nämlich das vehemente Hämmern der Leidenschaften, der falschgeleitete und übertriebene Eifer, Stimmungsschwankungen und rein menschliche Anhänglichkeiten.
Die Stille des Herzens führt dazu, dass das gesamte emotionale Leben in Ordnung kommt und einen angemessenen Platz finden.
Die Stille des Herzens ist die Jungfräulichkeit der Seele. Diese Stille ist nicht eng und kennt keinen Zwang. Diese Stille ist ein Dialog mit GOTT. In dieser Stille lernt die Seele die ersten Töne jener Melodie, die die Seele einst mit Gott im Himmel singen wird. - Lass die menschliche und geistliche Eigenliebe der Seele zur Ruhe kommen. Diese Stille ist die Stille jener, die mit ihrer eigenen Niedrigkeit zufrieden sind.
- Die Stille des GEISTES: Bringe die unnützen, menschlichen und selbst vergnügliche Gedanken zur Ruhe. Sie schaden der Stille des Geistes. Höre auf, Dich selbst zu suchen und werde still. Lass Deine Selbstverbesserungsversuche selbst durch das Gebet ruhen, damit Du Gott bei der Arbeit nicht behinderst.
- Die Stille des Urteils: Sei sehr zurückhaltend mit Meinungen und Urteilen.
- Besonders wichtig und schwierig ist die Stille des Willens: Bring die Beklemmungen des Herzens und jede Seelenqual zur Ruhe. Selbst die Stille der Seele, die GOTT besucht hat und die sich jetzt zurückgelassen fühlt, ist fruchtbar – es ist eine Stille im Schmerz ohne Klage.
- Erlerne die Stille mit Dir selbst: Dich selbst vergessend, Dir erlaubend auch mal alleine zu sein – alleine mit Gott.
- In Stufe eins sagte Gott zur Seele: Rede wenig mit Geschöpfen, aber viel mit mir. In der 12. Stufe sagt Er: „Jetzt sprich auch nicht länger mit mir.“ Mit Gott still sein bedeutet: An Gott hängen, sich Ihm auszuliefern, sich selbst zurückzulassen, sich Ihm ganz zuzuwenden, Ihn anzubeten, Ihn zu lieben, Ihm zuzuhören, in Ihm auszuruhen.
Das ist die Stille der Ewigkeit, wenn die Seele eins wird mit Gott und in Ihm ruht. Diese Stille geht dann nicht mehr von mir selbst aus – die Seele lebt vielmehr in dieser Stille, weil Gott sie völlig umschließt. Das ist der Geist der „taciturnité“ – der Schweigsamkeit – der ein völlig neues Geschöpf hervorbringt, ein neuer Mensch, aus Gott geboren.
„Ja, noch nicht ist das Wort auf meiner Zunge, siehe, HERR, da hast du es schon völlig erkannt. 5 Von hinten und von vorn hast du mich umschlossen, hast auf mich deine Hand gelegt. 6 Zu wunderbar ist für mich dieses Wissen, zu hoch, ich kann es nicht begreifen.“ (Psalm 139,4-6)
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