Wege zur inneren Freiheit: Gedanken von Anja Hoffmann
(Teil 1 lesen: Über die Gier als geistliche Wurzel der Krise)
Wie erkennt man Gier in seinem eigenen Leben? Gier ist eine Ausprägung von Egoismus, sie macht einen blind für die Menschen um sich herum und lässt einen nur noch die eigenen Wünsche sehen. Sie treibt den Menschen schließlich dazu, die Befriedigung seiner Wünsche und Triebe über alles zu stellen.
Auf persönlicher Ebene heißt Gier, dass es ist mir wichtiger ist, jetzt das zu bekommen, was ich will, als das Richtige zu tun.
Am Ende führt Gier immer in eine Art Sklaverei. Denn wer nur seinen eigenen Trieben folgt, ist nicht frei – wie er anfangs vielleicht zu glauben meint – sondern letztlich von ihnen beherrscht. Hier liegt auch eine tiefe Wahrheit des christlichen Glaubens über das Festhalten bzw. das Loslassen des eigenen Lebens: „Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen. Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?“ (Matthäus 16, 25-26)
Die Gier im eigenen Herzen anzusehen, ist aus zwei Gründen schmerzhaft: Erstens konfrontiert sie mich unbarmherzig mit meiner Bosheit und meinem Egoismus. Ich muss erkennen, dass ich vielleicht doch kein so guter Mensch bin, wie ich dachte, dass ich oft aus eigennützigen Motiven handle. Hier lohnt sich das genaue Hinschauen, wenn wir unser Gewissen erforschen (denn wir neigen leider dazu, unsere sündigen Verhaltensmuster einfach in ein christliches Aussehen zu kleiden!) und uns zu fragen: Aus welcher Motivation handle ich, tue ich Gutes? Aus einem freudigen, freigiebigen Herzen oder weil ich die Anerkennung anderer brauche, mich darstellen möchte oder mir selbst beweisen muss, dass ich ein guter Mensch bin? Solange die Gier nach Anerkennung mein Handeln bestimmt, werde ich nicht frei sein.
Zweitens ist Erforschung des eigenen Herzens nach Gier schmerzhaft, weil sie uns mit unserer Sehnsucht konfrontiert. Der Impuls in unserem Herzen, immer mehr haben zu wollen, nie genug zu bekommen, spiegelt etwas wider, das eigentlich Gott in unser Herz gelegt hat. Wir sind auf Ihn hin geschaffen und unser Herz birgt eine Leere, die nur von Ihm gefüllt werden kann. Ich denke, Gier ist die Schattenseite der Sehnsucht nach Gott. Die Gier im eigenen Herzen anzusehen, heißt also auch, mir meine Sehnsucht einzugestehen, anzuerkennen, dass ich bedürftig bin, Mangel leide und mich zutiefst nach mehr sehne. Nur wo wir das tun, wird auch der Schritt möglich, unsere Leere von Gott füllen zu lassen – dem Einzigen, der unsere Sehnsucht zu stillen vermag.
Um das eigene Herz zu erforschen, kann es uns außerdem helfen, uns selbst ein paar Fragen zu stellen: Worauf denke ich Anspruch zu haben? Spare ich aus Angst vor dem Mangel? Hält mich meine Geldgier davon ab, für Gottes Werk zu geben? Wovon sonst versuche ich immer mehr zu haben (Materielles, Anerkennung, Erfolg, Wissen, Macht, Vergnügen, Sex, Essen, Abenteuer, …)? All diese Dinge sind an sich nicht schlecht, es ist unser Umgang mit ihnen, der uns von Gott entfernen kann, unser egoistisches Denken, das uns dazu verleitet, schließlich nur noch uns selbst zu sehen und Gefangene unserer eigenen Gier zu werden.
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