Was kann man tun um beziehungsfähig zu werden?
von Pater Tilmann Beller, aus “Unterwegs zum Du”
Das ist ein Hin und Her. Ich bin beziehungsfähig, wenn ich auf der einen Seite den anderen sagen kann, ihr tut mir gut, und auf der anderen Seite sage, ich will für euch da sein. Dazu muss ich wissen, dass Beziehung auch weh tun darf.
Beziehung ist dort, wo beides geschieht: Ich lasse es mir gut gehen bei einem anderen. Dann spüre ich sein Wohlwollen, seine Nähe, dann entsteht Freude: Antwort auf meine Sehnsucht. Aber dabei bleibt es nicht. Sonst wären wir ja ungezogene, verwöhnte Kinder. Darum sage ich dem gleichen Menschen, der mir gut tut: ich bin für dich da. Und das darf weh tun. Das heißt, ich wende mich dir zu und es gibt an dir vieles, das mich stört, aber im Grunde tust du mir gut, und ich will auch dir gut tun.
Kann man das lernen? Ja, man kann! In dem man erstens die Wahrnehmung entwickeln kann, dass einem der andere gut tut. Ein ungezogenes Kind kann dies nicht. Einem solchen Kind kann man nichts Gutes tun. Die Mutter kann nur den Willen des Kindes erfüllen, aber das ist etwas anderes als jemandem etwas Gutes zu tun. Ein selbstsüchtiger Mensch ist in diesem Fall einem ungezogenen Kind ähnlich. Man kann ihm nichts schenken, man kann nur seine Forderungen erfüllen. Beziehung lernt man, indem man die Zuwendung des anderen als Geschenk erlebt. Dann sagt man danke. Nicht weil es sich gehört, sondern weil man dankbar ist.
Zweitens, Beziehungen lernt man knüpfen und aufrecht erhalten durch eine gewisse Gelassenheit. Wir sagen, ich bin für dich da. Das ist eine Art Grundton in unserem Wesen. Also gut, ich bin für dich da. Kein Theater, kein Pathos, das ist das Normalste der Welt. Und natürlich vergessen wir nicht: Liebe darf weh tun. In einer Freundschaft oder während der Verlobungszeit ist es ein Kriterium, dass eine solche selbstlose Liebe keine Einbahnstraße ist. Es ist sehr wichtig, dass es sich nicht immer einer gut gehen lässt, der aber selbst dem anderen nichts gibt. Wenn da jemand ist, der womöglich sogar Gutes einfordert ohne wirklich zu schenken, also ein ungezogenes, verwöhntes Kind ist, dann hält man sich besser zurück und trennt sich von ihm. Das geht in der Ehe nicht mehr. Die Höhe des selbstlosen Liebens hat man nie völlig und für immer gelernt, und man kann selbst als alter Mensch noch in eine primitive Selbstsucht zurückfallen. In der Ehe halten wir zu dem anderen, auch wenn er von seiner Höhe des Liebens abstürzt und ein ungezogenes Kind wird. Dies gilt für uns, wenn wir verheiratet sind, und da braucht es wohl ein besonderes Wirken des Geistes Gottes. Vor der Ehe freilich wird die Fähigkeit des Partners zur selbstlosen Liebe ein Auslesekriterium sein.
Zum Buch: https://www.kathtreff.org/blog/wegweiser-fur-singles/
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