Der Mythos vom „einen Richtigen“ geht auf den Philosophen Platon zurück. In seinem „Symposion“ lässt er den Dichter Aristophanes die Entstehung der Geschlechter erklären: „Auf der Erde lebten Kugelmenschen, die je vier Hände und Füße und zwei entgegengesetzte Gesichter auf einem Kopf hatten. Sie waren stark und schnell und übermutig – und wurden den Göttern gefährlich. Zur Strafe zerschnitt der Göttervater Zeus jeden von ihnen in zwei Hälften. Seitdem haben beide eine Sehnsucht danach, sich mit dem jeweils anderen Teil wieder zu vereinen. Dieser Sehnsucht wird als Liebe bezeichnet. „Wenn nun dabei einmal der liebende Teil … auf seine wirkliche andere Hälfte trifft, dann werden sie von wunderbarer Freundschaft, Vertraulichkeit und Liebe ergriffen und wollen, um es kurz zu sagen, auch keinen Augenblick voneinander lassen.“[1]
Irgendwann in den letzten Jahrzehnten sind wir Menschen des Westens dieser 2400-Jahre-alten Ente aufgesessen. Und plötzlich wurde das Heiraten und das Verheiratet-Sein sehr kompliziert. Sollte man also nur „Seelenverwandte“ heiraten? Ja, würde Aristophanes sagen, logisch, unsere andere Kugelhälfte. Nein, sagt der US-amerikanische Bestsellerautor Gary Thomas, nicht einen Soul Mate (Seelen-Partner) suchen wir, sondern einen Sole Mate (einen einzigen Partner).
Es ist natürlich schön, einen seelenverwandten Menschen zu finden. Aber für eine glückliche Beziehung ist das nicht notwendig. Wir suchen kein Alter Ego sondern einen Gefährten. Der Gefährte denkt, fühlt und funktioniert nicht in allem wie ich, aber er teilt alles mit mir. Ich suche keinen Doppelgänger, sondern einen Freund, der mit mir den Weg des Lebens geht. Wir müssen pragmatischer werden. Sonst könnte es sein, dass wir etwas Falsches und deshalb vergeblich suchen.
[1] Platon, Symposion, 193.
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