Ein Beitrag von Dr. Martin Kugler basierend auf einem Vortrag von Prior P. Johannes Elias Schneider (Johannesgemeinschaft, Marchegg).
Unsere Zeit ist geprägt vom Wunsch, nicht eingeschränkt zu werden: nicht von Regeln, nicht von Vorgaben, nicht von biologischen Gegebenheiten meines Körpers, nicht von Autoritäten oder Lehrern, nicht von Umständen. Allein der Wille scheint zu zählen. Dahinter steckt ein natürlicher Drang nach innerer Freiheit. Freiheit scheint für die Menschen von heute zuallererst zu bedeuten: „Ich kann tun, was ich will. Die einzige Bedingung ist, dass ich es will. Dann bin ich glücklich.“
Auf der Suche nach Freiheit meinen wir oft, dass unsere innere Freiheit von äußeren Dingen beschränkt wird: „Wenn A oder B passiert, dann bin ich frei. Dann geht es mir gut.“ So machen wir uns aber zu Sklaven von Umständen, die wir oft nicht selbst beeinflussen können. „Wenn ich das oder das hätte, oder wenn ich endlich einen Ehepartner finden würde, dann wäre ich glücklich,“ denken wir. Manche machen andere Menschen verantwortlich für ihre innere Freiheit: „Wenn der oder jener dies oder jenes machen würde, dann…“ Wieder suchen wir so die Freiheit am falschen Ort. Freiheit besteht nämlich auch in der Zustimmung zu Dingen, die ich mir nicht selber ausgesucht habe.
Dinge, die ich ändern kann, soll ich mit aller Kraft zu verändern versuchen. Dinge, die ich nicht ändern kann, muss ich annehmen, muss ich sein lassen. Das heißt es, in der Wahrheit zu leben.
Christen verstehen Freiheit anders als viele Menschen von heute. Nämlich als die Freiheit, das Richtige zu tun. Aus so manchen Biographien lernen wir, dass die Menschen ihr Glück gefunden haben, wenn sie bereit waren, sich dem Guten und dem Richtigen unterzuordnen. Das ist die Voraussetzung für wahre Freiheit. Der verlorene Sohn hingegen sucht die Freiheit zuerst in der Autonomie, also in der Entfernung vom Vater. Er sucht sein Leben – und verliert es. Frei wird er erst wieder nach seiner Rückkehr. Je mehr wir Gott vertrauen, desto freier werden wir. Je mehr ich mich von Gott und seiner Barmherzigkeit abhängig mache, desto freier werde ich.
Aufgrund unserer Freiheit sind wir als Menschen um unserer selbst willen geschaffen. Durch unsere bewussten Handlungen richten wir uns nach Gott oder gegen Ihn aus (vgl. KKK 1731).
Durch die Freiheit sollen wir in der Güte wachsen. Unsere Freiheit soll auf das höchste Gut ausgerichtet sein.
Je mehr man das Gute tut, desto mehr erfährt man Freiheit. Ungeordnetheit macht unfrei. Gesamtgesellschaftlich heißt das: „Wer nicht wollen will, muss müssen.“ Das Leben in Fülle ist uns als Christen versprochen! Wir sind Kinder Gottes!
Hinter dem Wunsch nach Freiheit steht die Sehnsucht nach Liebe. Wenn wir mehr lieben würden, dann würde die Liebe unsere Herzen in große Weiten führen! Wer liebt, fühlt sich nirgendwo eingeengt. Wer nicht liebt, ist überall eingeengt.
Unfrei ist, wer sich nur um sich selbst dreht. Das unterscheidet den „Annehmenden“ vom „Stoiker“: Der Christ empfindet sich auf den anderen hin-geordnet. Dadurch wird die Freiheit zur aktiven Liebe. Hier gehen moderne Psychologie und Christentum nahtlos ineinander über. So kann Leben erfüllt sein.
Glücklich sein ist etwas, das von innen kommt. Nicht von außen. Glücklich kann man überall sein, denn es gibt einen Raum in Dir, den Dir niemand nehmen kann. Dort ist die Freiheit, die Liebe, dort ist Gott. Wenn du diesen Raum gefunden hast, dann hast du den eigentlichen Inhalt deiner Sehnsucht, dein Zuhause, deine Ruhe gefunden.
Lesetipps:
- Jacques Philippe (Gemeinschaft der Seligpreisungen) aus seinem Buch „Die innere Freiheit“ (Leseempfehlung!)
Etty Hillesum: https://de.wikipedia.org/wiki/Etty_Hillesum
Bild: pixabay
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