Mobbing und Nächstenliebe: Interview zum Kongress „Christ und Beruf“ in Schönblick / Schwäbisch – Gmünd von 24. – 26. Oktober 2014. (Das Interview führte Frau Katharina Hoffmann für kathTreff.)
kathTreff: Sie sind Fachanwalt für Arbeitsrecht und vertreten bundesweit Opfer von Diskriminierung & Mobbing. Haben Sie bereits von Mobbing am Arbeitsplatz aufgrund christlicher Glaubenshaltung gehört? Ich denke da z.B. an das Tischgebet, Kreuzzeichen etc. Was kann ein Christ in diesem Fall tun?
Prof. Dr. Klaus Alenfelder: Bislang habe ich von solchen Vorfällen nur selten gehört, z.B. von christlichen Mitarbeitern, die wegen ihres Glaubens ausgegrenzt und rausgeekelt wurden. Zu Gerichtsverfahren ist es bislang nicht gekommen. Die Vorgänge aus anderen europäischen Staaten zeigen aber die Gefahren.
In Polen wurde Bogdan Chazan, Professor der Medizin und Direktor des „Krankenhaus der Heiligen Familie“ in Warschau entlassen, weil er sich weigerte eine Spätabtreibung durchzuführen. In Großbritannien wurde Caroline Petrie, eine Krankenschwester, unbezahlt beurlaubt, weil sie einen Patienten fragte, ob sie für ihn beten dürfe. Das Krankenhaus suspendierte sie, obwohl der Patient keine Beschwerde erhoben hatte. Ebenso wurde Duke Amachree, ein kommunaler Angestellter, suspendiert, weil er einem tödlich Erkrankten riet, Gott zu vertrauen. Andere Christen verloren ihre Arbeit, weil sie ein kleines Kreuz trugen oder erklärten, eine Ehe bestehe nur zwischen einem Mann und einer Frau.
Derartige Fälle erwarte ich auch in Deutschland: Kreuzzeichen und Tischgebet sind wohl weniger ein Problem, wobei sie auch nicht als Provokation verwendet werden sollten. Benachteiligung erwarte ich für Gynäkologen und medizinische Mitarbeiter, die sich klar für das Leben aussprechen und Abtreibungen ablehnen. Oder Professoren der Philosophie, die sich klar als Christen zu erkennen geben, oder Journalisten, die ihren Glauben nicht verstecken.
Wer bei der Arbeit wegen seines Glaubens benachteiligt wird, kann Schadensersatz wegen Diskriminierung verlangen.
kathTreff: Wie sollte man sich verhalten, wenn man von Mobbing betroffen ist?
Prof. Dr. Klaus Alenfelder: Als Christ sollte man zunächst mit Güte, Verständnis und Verzeihen reagieren – auch wenn es schwer fällt. Manchmal kann ein klärendes Gespräch mit dem Täter oder Vorgesetzten helfen.
Aber: Mobbing kann massive Gesundheitsschäden auslösen. Dazu können körperliche Probleme und schwere Depressionen gehören. Manche meiner Mandanten waren akut suizidgefährdet. Sie sollten daher dringend auf ihre Gesundheit achten und einen Spezialisten aufsuchen.
Daher kann der Zeitpunkt kommen, an dem Sie sich juristisch wehren müssen. Um gerichtlich vorzugehen, sollten sie ein Mobbingtagebuch führen und Beweise sichern (Briefe, E-Mails, Namen von Zeugen und wenn möglich schriftliche Zeugenaussagen). Wenn es sich um Diskriminierung handelt (Benachteiligung wegen Religion z.B.) müssen Sie innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis schriftlich Schadensersatz vom Arbeitgeber verlangen.
Wenn Sie Mobbing beobachten, versuchen Sie dem Opfer zu helfen. Sie können übler Nachrede entgegentreten, Sie können dem Opfer ihre Anteilnahme zeigen und es in Gerichtsverfahren als Zeuge unterstützen. Eins muß Ihnen klar sein, wenn Sie sich für ein Mobbingopfer einsetzen, werden Sie selber auch zum Ziel. Das kann sogar Ihren Arbeitsplatz gefährden, wenn das Mobbing – wie meist – von Vorgesetzten ausgeht. Daher sollten Sie versuchen, sich abzusichern.
Generell ist es sinnvoll, eine Rechtsschutzversicherung für Arbeitsrecht abzuschließen.
kathTreff: Wie kann der Christ in der heutigen Zeit im Berufsleben Kultur und Gesellschaft prägen? Sollte man auch im Berufsleben explizit missionieren?
Prof. Dr. Klaus Alenfelder: Christen sollten auffallen durch gut verrichtete Arbeit, durch Güte und durch gutes Beispiel, weniger durch ostentatives Beten und Missionieren. Wir sollten und können uns durch unsere Arbeit heiligen, indem wir ehrlich und rechtschaffend arbeiten und diese Arbeit Gott widmen.
Christen können in privaten Gesprächen den Glauben ansprechen. Dies wird um so überzeugender sein, wenn sie bei ihrer Arbeit positiv aufgefallen sind. Antichristlichen Reden und „Witzen“ dürfen Sie in angemessener Form entgegentreten. Ebenso dürfen sie anzüglichen „Witzen“ entgegentreten. Bitte bedenken Sie: Als Angestellter erhalten Sie Geld für Ihre Arbeit, daher müssen Sie alles unterlassen, was Ihren Arbeitgeber schädigt (Loyalitätspflicht). Dies gilt sicher erst recht für uns Christen. Zusätzlich gefährden Sie Ihren Arbeitsplatz, wenn Sie durch Missionsversuche den Betriebsfrieden stören.
kathTreff: Meinen Sie, dass Christen an ihrem Arbeitsplatz nicht mutig genug sind?
Prof. Dr. Klaus Alenfelder: Über den Glauben würde ich nur reden, wenn jemand das selbst anspricht. Aufdringliches Missionieren sollte unterbleiben. So könnten Sie auf die Frage „Wie war es am Wochenende“ mit einem Hinweis auf eine wunderschöne Messe/Gottesdienst/Wallfahrt antworten.
Als Arbeitnehmer – letztlich ebenso wie als Selbständiger – sind Sie verpflichtet, ehrliche Arbeit für Ihr Gehalt oder Honorar zu erbringen. Wer aber seine Zeit mit Missionierung verbringt oder gar andere von der Arbeit dadurch abhält, bestiehlt den Arbeitgeber. Du sollst nicht stehlen.
Wenn jemand interessiert ist, über den Glauben sprechen – dann können Sie dies in den Pausen tun. Dann können Sie auch gemeinsam beten. Sie dürfen auch sichtbar ein Kreuz tragen.
kathTreff: Glauben Sie, dass es für Singles generell schwieriger ist, ihr Umfeld christlich zu prägen, da sie nicht schon per se als christliche Familie ein Zeugnis geben können?
Prof. Dr. Klaus Alenfelder: Könnte sein – hängt vom Anschluß an Familie, christliche Freunde oder Gemeinde ab. Schwierigkeit können auch entstehen, bei unterschiedlicher Religionszugehörigkeit. Glauben die Eheleute gemeinsam, dann ist es für sie selbstverständlich einfacher, den Glauben gemeinsam mit ihren Kinder zu leben und zu stärken.
kathTreff: Wieviel Christ-Sein ist am Arbeitsplatz legitim? Kann man in aussichtslosen Situationen auf das ewige Leben hinweisen?
Solange Sie zurückhaltend und höflich sind, können Sie versuchen, Menschen in auswegloser Lage auf Gott und das ewige Leben vorsichtig ansprechen. Dabei sollten Sie nicht aufdringlich werden. Sie können selbstverständlich für den Betroffenen beten, ohne sein Wissen.
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