Lesen wir bei P. Beller nach: „Wie reagiert der Partner auf meine Schwächen? Hier ist nicht die Rede von Schwächen, die ich zugebe, sondern von Schwächen, durch die ich mich blamiere, Schwächen, die ihn wirklich stören. Reagiert er gütig und gelassen, oder reagiert er empfindlich? Ist mein Partner meinen Schwächen gegenüber großzügig oder arrogant? Wenn letzteres der Fall ist, ist es nicht gut, ihn zu heiraten. Es ist sehr schön, wenn sich bei einem Paar ein gutes Verhältnis zu den gegenseitigen Schwächen herausbildet. Der Grundton im Miteinander ist dann nicht: ‚Das musst du ändern’ sondern ‚Ich nehme dich an wie du bist.’“[1]
Ich zum Beispiel rede zuviel und neige zur Übertreibung. Wenn ich in Fahrt komme, bremst mich mein Mann ein bisschen von oben herab, aber doch liebevoll und neckisch. „Ja, ja, jetzt legst du wieder mal los…“ Erst dann fällt es mir auf. Ich halte inne, kann über mich lachen – und mich bessern. Das ist eine große Hilfe für mich. Meine Fehler sind mir bei ihm auch gar nicht peinlich. Sie werden durch die Liebe eine gemeinsame und überschaubare Aufgabe. Alltag bei uns: „Ich bringe morgen die Kinder in den Kindergarten, kauf’ Du doch bitte vier Liter Milch, und denk’ dran am Abend unseren Gästen nicht die Ohren voll zu quasseln. Ich werde dich unauffällig daran erinnern.“ Wir nehmen uns gegenseitig an der Hand und helfen uns einen Schritt weiter.
Eine Studie beweist: Je mehr Paare sich gegenseitig helfen, ein besserer Mensch zu werden, desto glücklicher sind sie. „Der Mensch hat tief in seinem Inneren die Motivation, sich zu verbessern und dazuzulernen. Wenn man dieses Wachstum mit der Hilfe seines Partners erreicht, bekommt dieser eine wichtige Stellung. Und wenn der Partner erlebt, dass er dem anderen weiterhelfen kann, freut er sich darüber.“[2]
Eine weitere Frage führt noch einen Schritt tiefer: Verteidigt er mich gegenüber anderen? Hält er anderen gegenüber zu mir, selbst wenn er die Dinge anders sehen sollte? Ich habe eine Freundin, deren Mann es manchmal mit dem Scherzen übertreibt. Dann merkt er nicht, dass sich das Gespräch der Gruppe zu mehr Ernsthaftigkeit entwickelt hat. Und sie lacht bis zum Schluss mit ihm mit. Aber am Heimweg hilft sie ihm liebevoll, die Situation zu analysieren und seine Kommunikation zu verbessern.
Es gibt Männer und Frauen, die über ihre Partner triumphieren, wenn diese etwas falsch machen. Sie fühlen sich dann selbst besser, ihrem „mickrigen“ Partner gegenüber begehrenswerter und sich dessen Hingabe sicherer. Das macht das Privatleben zum einem Wettbewerb, der der beruflichen Welt ähnelt. Beweise dich, funktioniere. Und sei wachsam, damit du keinen Ellbogen zwischen die Rippen bekommst. Also – Finger weg, wenn dein Freund dich mit deinen Schwächen nicht liebe- und verständnisvoll an die Hand nimmt.
[1] Ibid, S. 37.
[2] The New York Times, 10. Januar 2011, Dr. Arthur Aron (New York State University, Stony Brook) and Dr. Gary W. Lewandowski Jr. (Monmouth University, New Jersey).
Weiterlesen in: Unterwegs zum Du
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