von Pater Tilmann Beller, aus “Unterwegs zum Du”
Würde Gott meine Ehe segnen, wenn ich mir den Partner/die Partnerin auf eigene Faust aussuche? Wenn ich mir einen Ehepartner alleine aussuche, dann leitet mich Gott dabei. Das heißt, ich suche nicht allein. Gott leitet mein Denken. Woran erkenne ich, dass es der richtige Partner, die richtige Partnerin ist? Die erste Frage, die wir uns stellen, heißt: Stehe ich staunend vor ihrer, vor seiner Größe?
Da sagt ein junger Mann: „Aus diesem Mädchen kann man etwas machen.“ Wir können unser ganzes Leben lang als Lehrer, Erzieher und Führungskräfte aus jemandem „etwas machen“. Aber jemanden, aus dem wir etwas machen können oder wollen, dürfen wir nicht heiraten, weil wir nicht staunend vor seiner Größe stehen, sondern ihn von vornherein als den Kleineren sehen. Eine gewisse Gleichheit im persönlichen Format, in der Qualität der Persönlichkeit ist Voraussetzung für eine Partnerschaft. Wir fragen also: Stehe ich staunend vor ihrer, vor seiner Größe?
Die zweite Frage, die wir uns stellen, lautet: Haben wir genug gemeinsame Interessen oder können sich unsere Interessen finden? Solche gemeinsamen Interessen müssen vor der Ehe da sein. Zu sagen, ja, das kommt schon, das ist einfach falsch. Wir gehen davon aus: Was nicht ist, wird nicht.
Wer mit Leib und Seele für den Sport lebt, wird sich einfach schwer tun mit einem Partner, der dafür nichts übrig hat. Und dieser braucht sich nicht zu wundern, wenn der sportbegeisterte Partner über kurz oder lang eine ebenso sportbegeisterte Partnerin findet und in dieser Beziehung sein ganzes Glück entdeckt. Darum macht es Sinn, in einem Heiratsinserat seine Interessen kundzutun. Das war früher einfacher, weil innerhalb eines gesellschaftlichen Rahmens geheiratet wurde, wo Tischsitten, Kleidung und Lebensweise in einem Haus ebenso gehalten wurden wie in einem anderen.
Die dritte Frage: Wie bewegt sich der andere, der Freund, die Freundin in seiner oder ihrer ursprünglichen Umgebung? Wie bewegt sich ein junger Mann, eine junge Frau in der eigenen Familie? Ein junger Mann, der offensichtlich von Mama abhängig ist, wird es auch bleiben, wenn ich mit ihm verheiratet bin. Ein junger Mann, der seine Mutter schlecht behandelt, wird auch seine Frau schlecht behandeln. Und so weiter.
Was für Freunde hat mein Partner, hat meine Partnerin? Ist das ein Milieu, in dem ich mich wohl fühle? Nicht selten fühlen sich Studenten in ihrem Studentenmilieu alle mehr oder minder gleich. Das ändert sich, sobald sie erwachsen sind: Das in der Herkunftsfamilie Angenommene kommt dann wieder durch.
Die vierte Frage: Wie reagiert der Partner auf meine Schwächen? Hier ist nicht die Rede von Schwächen, die ich zugebe, sondern von Schwächen, durch die ich mich blamiere, Schwächen, die ihn wirklich stören. Reagiert er gütig und gelassen, oder reagiert er empfindlich? Ist mein Partner meinen Schwächen gegenüber großzügig oder arrogant? Wenn letzteres der Fall ist, ist es nicht gut, ihn zu heiraten.
Es ist sehr schön, wenn sich bei einem Paar ein gutes Verhältnis zu den gegenseitigen Schwächen herausbildet. Der Grundton im Miteinander ist dann nicht, „das musst du ändern“ sondern „ich nehme dich an wie du bist.“
Ein letztes sei zur religiösen Grundeinstellung gesagt: Was an konkreter Liebe zu Gott nicht vor der Ehe vorhanden ist, kommt nach der Eheschließung im Allgemeinen nicht. Das gilt auch dort, wo beide Partner ein unterschiedliches christliches Bekenntnis haben. Die entscheidende Frage ist: Wie sehr lieben wir unseren Gott? Spielt Gott in unserem täglichen Leben eine wichtige Rolle? Die Berichte von einer späteren, radikalen Umkehr, gibt es ohne Zweifel, sie gehören aber in einen winzigkleinen Bereich, auf den wir nicht bauen können.
Man kann vor der Ehe den Partner in jedes religiöse oder geistliche Milieu mitnehmen, also ihn für die eigene Glaubensüberzeugung gewinnen. Was vor der Ehe geschieht, geschieht. Was nicht geschieht, geschieht auch später nicht, mit wenigen Ausnahmen – und wer auf diese pokert, riskiert ein Leben der geistlichen Einsamkeit.
Der, für den die Beziehung mit Gott, die tägliche Geist-Erfahrung und das religiöse Streben ein wesentlicher Inhalt des Lebens sind, der ist dann auch in der Ehe einsam und wird —das Leben bestätigt diese Gefahr vielfältig —ständig in Versuchung sein, im religiösen Milieu seine Heimat zu suchen und dort auch seinen eigentlichen Partner zu finden.
Zum Buch: https://www.kathtreff.org/blog/wegweiser-fur-singles/
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