Es gibt da ein bauernschlaues Sprichwort, das lautet: „Schönheit vergeht, Hektar besteht.“ Schreiben wir es für uns um: „Schönheit vergeht, Charakter besteht.“ Oder: „Schönheit vergeht, Beziehung besteht.“ Worauf wir besonders achten müssen, wurde hier schon gesagt. Aber man isst bekanntlich auch mit den Augen und soll sich über das Äußere des anderen auch freuen können. Zwei Dinge sind zu unterscheiden: Wie sieht der andere aus? Und wie richtet er sich her?
Erstens, wie sieht er aus? Gibt es schöne und hässliche Männer? Ich meine, dass wir in der Regel besser von Männern für den ersten Blick und Männern für den zweiten Blick sprechen sollten. „Schönlinge“ waren für mich nie interessant. Sie waren mir zu anstrengend; Schönlingen werfen sich Frauen an den Hals und Gelegenheit macht bekanntlich Diebe. Prinzipiell mag ich eigentlich bärige Männer. Aber zweimal verliebte ich mich so richtig in einen smarten Schlanken – und opferte damit einen wichtigen Punkt meiner imaginären Punkteliste. Nach wenigen Wochen mit dem Schmächtigen hatte sich meine subjektive Sicht vollkommen verändert. Ich hätte um keine Sache der Welt einen Bärigen gegen seine Eleganz und Behändigkeit eingetauscht – und konnte mir plötzlich gar nicht vorstellen, was ich vorher an den tollpatschigen Riesen gefunden hatte. Kurz und gut: Mit der Liebe passt sich oft das eigene Bild des Ideals an den Geliebten an. Praktisch – aber wahr.
Eine Freundin hatte lange einen Mann gesucht. Mr. Perfect kam nach fünf einsamen, tränenreichen Jahren. Sie informierte per E-Mail alle Freundinnen: „Er ist einfach unglaublich, er ist es! Aber er ist gar nicht mein Typ.“ Ohne ihn zu kennen, nickten wir Freundinnen zustimmend: „Wie er aussieht, ist ja eigentlich nicht so wichtig.“ Aber dann wurde er uns vorgeführt: Wirklich nicht der Hingucker. Doch wir lernten ihn besser kennen … und nach ein paar Monaten sind wir geschlossen der Meinung: Das ist ein Charaktertyp, und er sieht echt gut aus. Ein Mann für den zweiten Blick.
Zweitens, wie richtet er sich her? Mit gutem und sicherem Stil kann man die meisten Geburtsfehler elegant ausgleichen oder sogar zum Vorteil nützen. Ob Mann oder Frau – mit ein wenig Körperpflege, mit Stil und passendem Outfit nimmt man einen besonderen Glanz und eine besondere Ausstrahlung an. Allerdings muss man Stilsicherheit erst erwerben und Mühe darauf verwenden. Wenn man unsicher in der Garderobe ist, könnte man ein paar Euro in eine Farb- und Stilberatung investieren. Oder man nimmt einfach einmal eine elegante, stilsichere Freundin mit in den Kleiderladen. Und manchmal hilft es, mal zu einem richtig guten Friseur zu gehen und ihm zu sagen: „Sie sind der Meister. Machen Sie mal das Beste draus. Sie haben freie Hand!“
Manchmal sind es erst die Frauen, die einen guten Stil für ihre Männer finden. Aber wenn du nicht wie George Clooney aussiehst, wäre es von Vorteil, sich vorweg auch selbst darum zu kümmern.
Ich sage das alles gewissermaßen in Klammern. Schließlich meint Friedrich Torbergs Heldin Tante Jolesch: „Alles, was ein Mann schöner is’ als ein Aff, ist ein Luxus.“ Schönheit vergeht…
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